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Wasser im Krieg: Langfristige Umweltfolgen der Zerstörung des Kachovka-Staudamms in der Ukraine

Auch im anhaltenden bewaffneten Konflikt in der Ukraine sind Wasserressourcen und -infrastrukturen betroffen: Im Juni 2023 brach der Kakhovka-Staudamm, der einen der größten Stauseen Europas umfasste, infolge militärischer Angriffe zusammen. Forschende unter Leitung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) haben in der Fachzeitschrift Science eine Studie zu den ökologischen Folgen des Dammbruchs veröffentlicht. Während die unmittelbaren wirtschaftlichen, sozialen und politischen Folgen der Überflutung im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses standen, zeigen die Ergebnisse, dass die toxische Kontamination der freigelegten Sedimente des ehemaligen Stausees eine bisher weitgehend übersehene Langzeitgefahr darstellt. Der Studie zufolge sind in den freigelegten Sedimenten rund 83,3 Tausend Tonnen Schwermetalle enthalten. Die Forscherinnen und Forscher ziehen auch Parallelen zu den potenziellen Gefahren, die von alternden Staudämmen ausgehen.

„In der modernen Kriegsführung werden Flüsse nicht nur weiterhin als Kampflinien, sondern zunehmend auch als Waffen eingesetzt“, sagt IGB-Forscherin Dr. Oleksandra Shumilova, Hauptautorin der Studie. In der Ukraine wurden seit dem Jahr 2022 Dämme an den Flüssen Irpen, Oskil und Inhulets durch russische Kriegshandlungen mutwillig zerstört, und die Kraftwerke mehrerer anderer großer Stauseen beschädigt. Die Zerstörung des Kakhovka-Damms zog als dramatischstes Ereignis die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft auf sich. Der stromabwärts am Ende der Dnipro-Staukaskade gelegene Stausee speicherte 18 Kubikkilometer Wasser für verschiedene Zwecke wie Wasserversorgung, Landwirtschaft und Industrie.

Die Zerstörung des Kakhovka-Staudamms führte zur nahezu vollständigen Entleerung des Stausees, verursachte Überschwemmungen flussabwärts und verschmutzte die Süßwasser- und Meeresumwelt. Ein internationales Forschungsteam untersuchte die ökologischen Auswirkungen. „Diese Aufgabe war nicht trivial, da das Ausmaß der Auswirkungen alle bekannten Dammbrüche und gezielten Dammbeseitigungsprojekte um mehrere Größenordnungen übertraf. Erschwerend kam hinzu, dass die Feldbeobachtungen und Messungen aufgrund der laufenden Kämpfe eingeschränkt waren", so IGB-Forscher Dr. Alexander Sukhodolov, der zweite Erstautor der Studie.

**Die katastrophale Überflutung**

Der Dammbruch ließ über zwei Wochen 16,4 Kubikkilometer Wasser in die Dnipro-Bug-Mündung und anschließend ins Schwarze Meer fließen. Insgesamt waren 110.000 Menschen und 60.000 Gebäude von den Überschwemmungen betroffen. Die Forschenden führten eine numerische Modellierung der Strömungsdynamik für das Gebiet stromabwärts des Dammes während der größten Flutwelle durch: Zwischen dem Überschwemmungsgebiet und dem Hauptkanal kam es zu starken Turbulenzen, die die Schilfvegetation wegspülten und deren Überreste über einen 250 Kilometer langen Küstenstreifen verteilten. Durch die Überflutung entstand eine Süßwasserfahne mit hohen Schadstoffkonzentrationen, die sich über den Schelf des Schwarzen Meeres ausbreitete, den Salzgehalt verringerte und benthische Organismen schädigte.

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